Folgender Text ist enthalten in der "Festschrift zur 100-Semesterfeier"

Geschichte des Egerländer Landtages

Von A. H. Oberingenieur A. Trexler, Dr. K. Ludwig und Hugo Grund.

Das Bewußtsein der Sonderstellung des Egerlandes und das Recht des eigenen Landtags ist niemals erloschen. Es lebt fort in jedem Egerländer und bildet auf dem lebenskräftigen Boden der Heimatliebe die treibende Kraft des Zusammenschlusses, wo immer sich Egerländer finden mögen.

Wie bei allen Völkern die akademische Jugend die treuesten Kämpfer für die Volksidee waren, so fand naturgemäß das Egerland in seinen Studenten die feurigsten Verfechter seiner Unabhängigkeit und die Erinnerung an die Selbständigkeit seiner Heimat und an seine Rechte suchten nach lebendiger Ausdrucksform.

Als man in Österreich nach der Februarverfassung von 1861 an den Hochschulen dem studentischen Leben gegenüber etwas duldsamer wurde, entstanden die ersten studentischen Verbindungen. Da schlossen sich in Wien auch die Egerländer Musensöhne zusammen - und nannten ihre Vereinigung "Egerländer Landtag". *

(Anmerkung: * Der "Egerländer Landtag" in Wien, der anfangs als Tischgesellschaft ohne polizeiliche Anmeldung bestand, wandelte sich am 13. Mai 1874 unter Führung der ehemaligen Rugen Johann Kopetz und Alois Berger in die deutschakademische Verbindung "Egra" um, welche am 18. Juni 1875 von der Wiener Statthalterei anerkannt wurde. Seit 22. Mai 1874 stand sie mit der deutschakademischen Verbindung "Albia" in Verkehr und scheint in den Jahren 1877/78 aufgeflogen zu sein.)

Bei dieser Vereinigung in Form einer Tischgesellschaft verkehrte auch der Student der Medizin Michael Urban, welcher in den Jahren 1867 bis 1869 in Wien studierte. Als er im Jahre 1869 an die Prager Universität ging, wurde er dort bei der konservativen Verbindung, jetzigen Burschenschaft "Albia", aktiv. Aber sein ausgeprägtes Gefühl für die Heimat zog ihn mit noch anderen Albianern zu den Egerländer Studenten, welche im Gasthof "Zur Stadt Karlsbad" in der Fischmarktgasse regelmäßige Zusammenkünfte hatten, wo man, rings um den alten, trauten Kachelofen sitzend, in Egerländer Gemütlichkeit mundartliche Weisen und Lieder pflegte. Hier wurde auch durch Urban am 9. Feber 1872 die Anregung gegeben und der begeisterte Entschluß gefaßt, nach dem Wiener Muster auch in Prag einen "Egerländer Landtag" zu gründen. Es wurde ein fünfgliedriger Ausschuß gewählt, welcher unter Führung des stud. jur. Jos. Kopetz die Satzung auszuarbeiten hate; diese wurden in der gründenden Versammlung am 15. Feber

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1872 im Gasthause "Hopfenstock" in der Wassergasse angenommen. Vorsitzender und Berichterstatter war Dr. Michael Urban. Anwesend waren ferner Josef Auer, Paul Cartellieri, Anton Dießl, Franz Forster, Georg Gruber, Josef Kopetz, Johann Müller, Josef Plail, Johann Puttendörfer, Josef Pichl und Josef Vohla. Die erste Leitung des Landtages lag in den Händen des Egeraners Franz Forster als Oberstlandmarschall, dem Müller sen. als Stellvertreter und Vohla als Syndikus beigewählt wurden.

Nach den Satzungen war der "Egerländer Landtag" ein Geselligkeitsverein der Egeraner zum Zweck eines gemütlichen Zusammenlebens und engeren Verkehrs derselben. Nach der ersten Fassung konnten auch nichtakademische in Prag weilende Egeraner als außerordentliche Mitglieder aufgenommen werden. Die Geselligkeit sollte erreicht werden durch Pflege von Kunst und Humor mit möglichster Berücksichtigung der Egerländer Mundart in Rede und Gesang und bei den allwöchentlichen Zusammenkünften sollten literarische Erzeugnisse heiteren Inhalts die anheimelnde frohe Egerländer Art auch auf fremdem Boden, fern der Heimat zum Ausdruck bringen.

Um den geschaffenen Zusammenhalt auch in der Heimat zu pflegen, wurde in der Sitzung vom 14. Mai 1872 beschlossen, in den Sommerferien alljährlich einen Landtag zusammenzurufen.

In derselben Sitzung wurde auch die Gründung des Huasnoatoudara-Ordens beschlossen, um jene Mitglieder auszuzeichnen, die sich besondere Verdienste um den hohen Landtag erworben haben. Der Orden wurde in zwei Klassen verliehen, als großer H. O. und kleiner H. O. Mit dem kleinen H. O. war der Titel "Ritter von ..." verbunden, mit dem großen H. O. der Titel "Fürst von ..." und ein Adelsprädikat, welches vom hohen Landtag bestimmt wurde.

Die erste Ordensauszeichnung wurde dem Schöpfer der Satzungen, dem Abg. von Kuttenplan Josef Kopetz zu teil, welchem am 10. Juni 1872 in feierlicher Weise vor dem versammelten Landtage der kleine H. O. verliehen wurde. Im Herbst 1872, in der Sitzung vom 17. Oktober, erfolgte die zweite Ordensauszeichnung, bei welcher der große H. O. zum erstenmal verliehen wurde und zwar dem verdienstvollen Oberst-Landmarschall Michel Urban mit der Ernennung zum "Fürst von Geigenbauersheim".

In den Sommerferien 1872 fand am 24. August die erste "Landtags-Versammlung" des Landtags zu Eger auf der Krämlingsbastei statt, bei welcher fast alle Abgeordneten und viele Gäste, besonders vom Wiener "Egerländer Landtag" anwesend waren.

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Freilich hatte man, so heißt es in der Festschrift zum 25jährigen Stiftungsfest, außer einigen herzlich schlechten Satzungen kaum mehr als den Namen für den Verein, und gar bald zeigte es sich, daß es noch vieler Arbeit bedurfte, um ein vollkommenes Gebäude herzustellen.

Man hatte zwar Mitglieder in Hülle und fülle, aber diese hatten nur die sehr leichte Verpflichtung, im Semester eine Sitzung zu besuchen, während die 3 Ausschußmitglieder die ganze Bürde des Vereinslebens zu tragen hatten.

Man fühlte denn bald, daß der Zusammenschluß enger, die Bande fester sein müßten. Einige tüchtige Mitglieder stellten deshalb immer wieder Anträge auf Verbesserung der Satzungen und nicht ohne Erfolg. Denn während bisher unter den außerordentlichen Mitgliedern verschiedenartigen Elemente erschienen, wurde in der Sitzung vom 16. Oktober 1874 beschlossen:

"Mitglied kann nur ein Hochschüler werden,

a) der in Eger oder dessen nächster Umgebung seine Heimat hat,

b) der in Eger studiert und absolviert hat.

Doch der Landtag blieb nach wie vor eine Tischgesellschaft; der Oberstlandmarschall hatte nur bei geschäftlichen Sitzungen den Vorsitz und eine geringe Strafgewalt, während bei gemütlichen Sitzungen jeweilig ein Gemütlichkeitspräses gewählt wurde, welcher so gut wie keine Macht besaß. Erst im Jahre 1880 wurde diesem Übelstande abgeholfen.

Der Charakter einer Tischgesellschaft wurde nach außen hin stets betont und Einladungen verschiedener Vereine zur Schaffung eines Freundschaftsverhältnisses abgelehnt; so hatte bereits 1872 der Verein "Herzynia" den Landtag eingeladen, mit ihr in ein Kartell zu treten. Die geschäftliche Sitzung entschied jedoch dahin, daß durch den nicht ganz gleichen Aufbau und durch die verschiedenen Ziele nicht die nötige Übereinstimmung für ein Kartell gegeben sei.

Trotz der engen Begrenzung seiner Ergänzung blühte der Landtag seit 1876 immer mehr auf. Die Sitzungen wurden reger besucht und das Erscheinen zahlreicher Gäste bürgte dafür, daß es bei den Egerländern sehr gemütlich zuging. Goanskirwa und Faschingskneipen bewiesen, daß die Landtägler als treue Söhne ihrer Heimat in der Feier heimischer Feste hinter den Alten nicht zurückblieben.

Alljährlich ließen sich alle oder fast alle Abiturienten des Egerer Gymnasiums in die Reihen der Abgeordneten aufnehmen. Hier fanden sie die Heimat wieder; die ungezwungene Egerländer Art konnte sich in Wort und Lied hier am besten ausleben.

Nur eines bedrückte die Landtägler. Den Satzungen ihres Vereins blieb die behördliche Genehmigung versagt, weil sowohl

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der Name "Egerländer Landtag" als auch die Benennung der Amtswalter "Oberstlandmarschall" und Oberstlandmarschallstellvertreter" bei der Statthalterei staatsrechtliche Bedenken erregte.

Mehrmalige private Vorstellungen einzelner Landtagsmitglieder bei den Referenten der Statthalterei, ein andere Anschauung herbeizuführen, waren erfolglos. Allein die Auskünfte von befreundeten Statthaltereibeamten ließen sie von dem Namen nicht abweichen und auf eine bessere Zeit warten, bis ein dem "Egerländer Landtag" wohlgemeinter Referent die staatsrechtlichen Bedenken nicht mehr geltende machen würde.

Der Mangel der staatlichen Genehmigung des Vereins hatte aber noch weiter zur Folge, daß das Pauken nur privatim von demselben betrieben wurde, und da jede Betätigung des Landtages nach außen dessen Bestehen gefährdet hätte, so wurde auch eine Gelegenheit zu Mensuren nicht gesucht und unterblieb die Pflege der Fechtkunst während dieser zeit mehr oder weniger. Mit Rücksicht auf diese mißlichen Verhältnisse konnte gar nicht daran gedacht werden, eine "Bude" für den Landtag zu erwerben, sondern er hielt seine Sitzungen in den verschiedensten Lokalen, am häufigsten in der Kreuzherrnschenke der Kreuzherrnbrauerei, in der zum Rudolfinum führenden Gasse rechter Hand gelegen. In den Sommersemestern wurden die Sitzungen möglichst häufig außerhalb Prags abgehalten.

Jedem damaligen Mitgliede werden namentlich die Stunden unvergeßlich geblieben sein, die während des Sommersemesters 1878 in der "Goldgrube" bei Osman Pascha verlebt wurden, der sein Gasthaus im selben Jahre "Schipka Paß" benannte, nach dem im russisch-türkischen Kriege 1877/78 berühmt gewordenen Passe im Balkan.

Der Besuch der Sitzungen, die alle Samstag stattfanden, war ein äußerst lebhafter; nur vollkommen begründete Absenzen kamen vor und jeder trug nach seinen Talenten zur Unterhaltung in der Kneipe das Möglichste bei. Für nicht begründete Abwesenheit bei den Sitzungen wurden Strafgelder eingehoben. Der Gemütlichkeit tat das Fehlen der behördlichen Bestätigung keinen Abbruch; im Gegenteil, gerade im ersten Jahrzehnt seines Bestehens war im Landtag das Egerland in seiner ganzen Urwüchsigkeit zu finden. Besonders in der "Kreuzherrnschenke" ging es immer hoch her. Unvergeßlich blieb allen diese gemütlichste aller Landtagsbuden. Sie lag hinter dem Restaurationslokal, von dem mehrere Stufen nach abwärts in ein nicht übermäßig großes aber äußerst gemütliches <Zimmer führten. Wenn schöne "Eghalanda Liedla" gesungen wurden, standen häufig die Restaurationsgäste als Zuhörer auf den oben erwähnten Stufen. Nicht bloß an Sitzungstagen, an jedem

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Sonntag und oft an Wochentagen trafen sich heir die Landtägler; der Wirt, Trefil, war stolz auf seine Egerländer und ließ sich das Wohl seiner Gäste sehr angelegen sein.

In der Kreuzherrnschenke kam Ende der 70er Jahre mehrmals der damalige "Egerer Landtag" zu Besuch, eine Vereinigung alter Herren aus dem Egerlande, die verschiedenen Ständen angehörten, und ihren Stammtisch im ersten Stock des deutschen Kasinos hatte.

Unter den Besuchern waren der Generaldirektor der böhmischen Nordbahn Georg Löw, der Egerländer Dialekt-Dichter Graf Klemens Zedwitz-Liebenstein, Oberinspektor Gabriel von Maria Kulm, Inspektor Deistler, Bahnkommissär Hügl.

In den Sommermonaten trafen sich die Landtägler Sonntag nachmittags im Heinegarten (hinter den früheren deutschen Sommertheater) in den Weinbergen, um hier den schönen Weisen der Militärkapelle zu lauschen. Die Jüngeren im Landtage besuchten öfters das "Schwarze Bräuhaus" auf dem Karlsplatze, auch die gemütlichen Bierschenken auf der Kleinseite "Beim Thomas" und "Beim Glaubitz" und auf der Altstadt wanderten sie gerne ins "Erzgebirge" im Annagäßchen.

Bei den "Kreuzherren" blieben die älteren Jahrgänge vereint; unter diesen imponierte den Jungen am meisten durch seinen Humor und seine Sangesgabe der Egerer Toni, obwohl er nache seinem Taufschein "Josef" benamset war. Den "Scholn Roin" sang er mit einer Innigkeit, daß er das Lied bei jeder Gelegenheit wieder singen mußte.

Beim Brauen eines Crambambuli, während die Bude (Hofzimmer des Restaurants Nebesky auf dem Bethlehemsplatz) nur durch die bläulichen Flammen fast gespensterhaft erleuchtet war, stimmte der Toni sein Leiblied mit seinem zarten Tenor in förmlichen Flüstertone an, wobei die ganze Corona im Chor die Brummstimmen besorgte. Nicht minder oft begehrt wurde von ihm die "Beicht", die er ebenso meisterhaft stellenweise im Flüstertone sang.

Der Egerer Toni war in den 70er und am Anfang der 80er Jahre wohl die bekannteste Persönlichkeit unter den Prager Studenten und wegen seines geraden Wesens allgemein beliebt. Als Oberstlandmarschall gelang ihm 1881 die behördliche Bestätigung der Satzungen. Es kostete ihm manchen Gang und manches Wort, die Namen "Landtag" und "Oberstlandmarschall" durchzusetzen.

Je mehr im Landtagsleben eine Festigung und ein innerer Aufschwung zu Tage trat, um so mehr wurde auch die Aufmerksamkeit äußeren Vorgängen geschenkt. Die endlosen politischen Kämpfe in dem österreichischen Parlamente, das deutschfeindliche Verhalten der Regierung des Grafen Taaffe erweckten im deutschen Volke

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Österreichs gewaltigen Widerhall. Es war an der Zeit, alle völkischen Kräfte zu sammeln, um die breite Masse auch zum Widerstand zu entfachen. Die erste Gegenbewegung entstand mit der Gründung des "Deutschen Schulvereins" am 13. Mai 1880. Der "Egerländer Landtag" war mit seinem streng völkischen Gefüge von allen Anfang an ein begeisterter Mitarbeiter und völkischer Werber. Als erster aller studentischen Vereinigungen Prags widmete er dem Schulvereine eine Spende von 20 Fl. und seine Mitglieder betätigten ihre völkische Gesinnung auch fernerhin durch Spenden in einer Höhe, die weit über ihre sonst so geringen Mittel hinausging. An keiner Sitzung wurde der Sammlung für den Schulverein vergessen.

Die slavenfreundliche Regierung des Grafen Eduard Taaffe (seit 1879) ermutigte anderseits die Tschechen in Prag zu Straßendemonstrationen und Anrempelungen gegen die deutschen Kouleurstudenten im Sommer 1881 und führte am 28. Juni zur Schlacht von Kuchelbad.

Das akademische Korps "Austria" unternahm anläßlich seines 20sten Stiftungsfestes an diesem tage mit den übrigen Prager Corps mittelst eines Seperatdampfers einen Ausflug nach Kuchelbad. Am selben Tag brachten die Narodni Listy unter den Vergnügungsanzeigen eine fettgedruckte auffallende Annonce folgenden Inhalts:

"Heute Rendezvous Nachmittag in Kuchelbad! Wer kann, komme bis 4 Uhr, die Schraubendampfer fahren den ganzen Nachmittag hindurch."

Die Aufforderung wurde verstanden und am Nachmittag drangen die zum Rendezvous zahlreich erschienen tschechischen Studenten, denen sich viele Arbeiter zugesellten, in den Garten der oberen Restauration ein. Die fanatisierte Menge zwang die Austrianer und ihre Gäste mit Steinwürfen und Biergläsern unter dem Gejohle des Pöbels zum Abzuge. Mehrere Studenten wurden bedeutend verletzt, desgleichen auch ein Polizeikommissär.

Die Kuchelbader Schlacht bedeutet das erste starke Wetterleuchten eines nicht mehr fernen, schweren Ungewitters, das bei einer weiteren deutschfeindlichen Politik der Wiener Regierung über die deutschen Studenten und das Prager Deutschtum unfehlbar hereinbrechen mußte.

Nach der behördlichen Bestätigung konnte der "Egerländer Landtag" auch öffentlich auftreten. Er war als studentischer Verein in den ersten Reihen zu finden, wenn es galt, völkische Fragen zu verfechten.

Die politischen Verhältnisse zu Beginn der 80er Jahre hatten auch im studentischen Leben Prags eine Spannung herbeigeführt, die sich besonders im Zentralverein, der "Lese- und Redehalle",

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entladen mußte. Die jüdisch-liberale Partei, welche die akademische Jugend gerne für ihre Parteipropaganda dienstbar machen wollte, suchte die Halle ganz unter ihren Einfluß zu bringen.

Diesen Bestrebungen trat der "Egerländer Landtag" als erster studentischer Verein Prags entgegen und bekundete dies öffentlich durch den Beschluß vom 23. Oktober 1883, "den Hallekommers nicht zu besuchen".

Die Halle-Plena waren von der Zeit an meiste sehr stürmisch und es kam manchmal zu derben Zusammenstößen.

Jedem Abgeordneten wurde es zur Pflicht gemacht, Mitglied der Halle zu werden, um der liberalen Mehrheit ein Gegengewicht zu bieten.

Zur selben Zeit, Mitte der achtziger Jahre, ließ Georg von Ritter von Schönerer seinen ruf vom "unverfälschten Deutschtum" erschallen; sein "Los von Juda" erweckte im deutschen Volk stürmischen Widerhall. Wer den gewaltigen Volksmann damals in einer seiner massenhaft besuchten Versammlung reden hörte, der wurde überzeugt von der Ehrlichkeit seines Wollens, dem deutschen Volke zu helfen und es wirtschaftlich wieder frei und unabhängig zu machen. Am meisten jubelte ihm die leicht zu entflammende deutsche akademische Jugend zu und sah in ihm ihren selbstlosen, unbestrittenen Führer.

Der "Egerländer Landtag" war wiederum der erste studentische Verein, welcher sich Schönerer anschloß und infolgedessen auch als erster den arischen Standpunkt einnahm. Die Burschenschaft "Teutonia" und der neu gegründete "Leipaer Landtag" folgten nach. Unter der Führung dieser drei engverbundenen Köpererschaften gelang es Ende der achtziger Jahre den nationalen Studenten, im Halleauschuß festen Fuß zu fassen und das S. S. 1890 sah einen rein arischen Ausschuß. Mitgliedr des Egerländer und Leipaer Landtages stellten die Mehrzahl der Ausschußmitglieder, die sich als unermüdliche Arbeiter erwiesen. Ein besonderer Verdienst um die Bibliothek der Halle erwarb sich unser H. H. Georg Schmidt, welcher seine ganze freie Zeit für die Neuordnung derselben opferte.

Ein arischer Halle-Ausschuß, das war den Liberalen unerträglich; so spannten sie alle Kraft an, um die Herrschaft in der Halle wieder an sich zu reißen. Eine maßlose Agitation setzte ein; die reichen Geldmittel der Judenliberalen führten immer mehr Mitglieder der Halle zu. Die Nationalen waren auch nicht untätig. Im Februar 1891 fand das denkwürdige Halle-Plenum im Konviktsaale statt; denn kein Hörsaal im Carolinum hätte die mehr als 1300 Hallenmitglieder fassen können. Mit größter Spannung wird das Wahlergebnis erwartet: Die Nationalen sind mit 70 Stimmen unterlegen! Nach reiflicher Überlegung wird ein Jahr später auf dem Deutschnationalen Parteitag am 17. Feber 1892 der Austritt aller Nationalen beschlossen und die Gründung einer deutschen Lese- und Redehalle verlangt.

So entsteht am 13. Mai 1892 die "Germania". Welchen Anteil der Landtag an der Gründung und der Entwicklung der Germania hatte, wird weiter unten erzählt.

Die unerquicklichen Kämpfe in der Studentenschaft verlangten ein strammes Auftreten, denn die Angriffe richteten sich in erster Linie gegen die nationalen, landsmannschaftlichen Körperschaften. Mit Sitzungsbeschluß vom 12. Dezember 1883 wurden Fechtrequisiten angeschafft und der Paukbetrieb aufgenommen.

Am 2. Feber 1885 wird die Wehrhaftigkeit für alle Mitglieder einstimmig beschlossen mit Genehmigung des Antrages: "Wenn ein Mitglied des >Egerländer Landtages< gefordert wird, so hat es die Forderung unbedingt anzunehmen. Wird seine oder des Landtags Ehre in irgendeiner Weise angegriffen, so ist es verpflichtet zufordern." Mit diesem Beschlusse beginnt eine Epoche im Landtage, denn er ist damit in die Reiehn der Achtung gebietenden wehrhaften studentischen Korporationen im eigentlichen Sinne des Wortes eingetreten. Altegerländer Mannesmut und Kampfesgeist fand im frohen Waffengange ersteste Pflege, und unzertrennlich ist dem Egerländer Studenten die eiserne Braut, die blanke Klinge angetraut.

Um die einstigen Mitglieder, die bereits im Leben standen, an den inneren und äußeren Geschicken des "Egerländer Landtages" teilnehmen zu lassen, wollte man den Grundstock der Gründer weiter an den Landtag hernaziehen, indem man jedem Mitglied, das mindestens 4 Semester aktiv war, nach Erreichung des Absolutoriums oder eines akademischen Grades den Titel "Alter Herr" verlieh. In der Sitzung vom 22. Jänner 1885 wurde dieser Antrag zum Beschluß erhoben. Die Einrichtung hat sich bestens bewährt. Der geschäftlichen Landtagssitzung, welche die Verleihung des Titels beschließen kann, steht auch das Recht zu, diesen wieder zu entziehen.

In gesellschaftlicher Beziehung wußte sich der "Egerländer Landtag" im deutschen Prag seinen Platz zu erringen, und stets war er bereit, eine gute deutsche Sache zu fördern. Als sich die Deutschen Prags entschlossen, ein neues deutsches Theater zu bauen, war der "Egerländer Landtag" der erste Studentenverein, der sein Scherflein dazu beitrug und auch in der Heimat warb. Als nach der Eröffnung des neuen Theaters am 25. Feber 1888 aus dem engeren und weiteren Egerlande ein eigener Theaterzug unter Führung Dr. Schückers aus Eger nach Prag kam, veranstaltete der "Egerländer Landtag" nach der Festvorstellung (Lohengrin) im Grand Hotel einen Festkommers, auf

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dem Dr. Schmeykal, der Führer der Deutschen in Böhmen, eine zündende Rede hielt.

Das Jahr 1888 brachte den Heimgang des greisen Volkskaisers Wilhelm I. In der Sitzung am 9. März hielt Abg. Emil Bienert eine ergreifende Nachrede und kommandierte einen feierlichen Trauersalamander als letzten Liebesgruß. Nur zu bald führte eine neue Trauerkunde die Landtägler wieder zusammen infolge des Todes Kaiser Friedrich III.; und unter dem tiefen Eindruck des Hinscheidens des deutschen Herrschers stand die Trauersitzung am 15. Juni 1888.

Am 7. November 1888 fand die feierliche Verleihung des "Huasnoatoudaras" eine weitere Ausgestaltung, indem der orden am schwarz-rot-goldenen Bande verliehen wurde. Auch die Ordenstaxen fanden eine Neuregelung.

Für die Errichtung eines Kaiser-Josef-Denkmals in Eger veranstaltete der Landtag am 1. Feber 1889 eine namhafte Sammlung und erwarb sich den Dank der Heimat. Seine Mitarbeit galt weiter dem Böhmerwaldbund und dem Prager deutschen Männerturnverein.

Als im Jahre 1889 über die freundlichen Orte Liebenstein und Seeberg ein Wolkenbruch niederging und die Überschwemmung furchtbare Verwüstungen anrichtete, da übersendete der "Egerländer Landtag" dem Hilfskomitee die namhafte Spende von 207 fl., ebenso bedachte er ein Jahr darauf die Hungernden im Erzgebirge.

Das innere Landtagsleben nahm seit dem Jahre 1880 einen großen Aufschwung. Fast alle Abiturienten des Egerer Gymnasiums von diesem Jahre traten dem Landtae bei; das Gleiche taten jene der folgenden Jahre, sodaß die Mitgliederzahl beinahe 30 erreichte. Im Landtage herrschte eine seltene Einmütigkeit. Der liederreiche Egerer Toni war Unterhauspräsident; nächst ihm bildete die Stütze des Gesange "Magister" Dorsch: es wurde der Regensburger Liederkranz gekauft und Quartett geübt und gesungen.

Die Kneipzeitung erreichte damals ihren Höhepunkt, ihr Schriftleiter war H. G. Hermann Bienert, der Dichter von Gottes Gnaden. Seine schönsten Gedichte stammen aus jener Zeit, vor allem: "Wir lugen hiaus in die sonnige Welt", ein Lied, das Gemeingut aller deutschen Studenten, ja der gesamten deutschen Jugend geworden ist und bleiben wird. Der Vergessenheit sei hier entrissen, daß auch der Komonist der herrlichen Melodie, der leider schon dahingeschiedene Hans Olhans, ebenso wie Bienert ein geborener Egeraner war.

Für eine feuchtfröhliche Stimmung sorgte der von jüngeren Abgeordneten gegründete "Walfisch", mit Barvitius als Kopf, eine ulkige Gesellschaft, die immer neuen Stoff zur Unterhaltung fand.

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Ein schwerer Schlag für die Landtägler, besonders für die Bierdurstigen, war es, daß sie im Jänner 1883 infolge des nationalen Fanatismus des alten Kreuzherrenwirtes Trefil die traute Schenke verlassen mußten, namentlich die Alten trennten sic hschwer von ihr, die übrigens bald darauf niedergerissen wurde.

In dem rückwärtigen Zimmer von "Stadt Moskau" fand man einigen Ersatz, namentlich was Gemütlichkeit der Bude betrifft. Sie war jedenfalls nach der Kreuzherrenschenke die beste. Sie stand leider nur an einzelnen Tagen zur Verfügung und wurde erst 1885 dauernd die ständige Landtagsbude. Inzwischen tagte der Landtag im "Blauen Stern" in der Leihamtsgasse und im "Hotel Bavaria" am Poric. Sonntags besuchte er gerne das "Goldene Fassl". In "Stadt Moskau" herrschte neben dem Walfisch vielfach auch das kartenspiel vor. Von den Wänden der Bude sahen denn auch die 4 Karten-Asse auf die Spieler herab; es gab eine zeit, wo fast immer Karten gespielt wurde und zwar in mehreren Partien.

Einzigartig war die "Speisebude" bei der guten "Alten" in der oberen Smetschkagasse. Man stelle sich vor: Ein Greislerladen, dahinter eine winzige finstere Küche und anschließend ein kleines einfenstriges Hofzimmer. Einrichtung derselben: Beim Fenster 1 Tisch, dabei 1 Sessel und 1 schwarzer Holzkoffer gegen die Wand, die einzigen Sitzgelegenheiten; hinter dem Koffer an der Wand 1 Bett mit einer Anzahl aufgetürmter Tuchenten.

In dieser "Speisebude" fanden sich in der ersten Hälfte der achtziger Jahre mittags fast alle Landtägler ein und, da nur 2 Sitzgelegenheiten waren, so durften die Esser nichts reden, damit sie bald fertig wurden, um den anderen Platz zu machen. Die Mehlspeise, besonders die Buchteln, mußten stehend gegessen werden. Wenn mittags mehr als zwei Bundesbrüder in die Smetschkagasse einbogen, begann ein Wettrennen, um früher einen Platz zu bekommen. Das Mittagessen brauchte man nicht täglich zu bezahlen, "das ist nicht viel, zahlen Sie monatlich" sagte die "Alte", wenn Neulinge die 25 Kr. für ein reichliches Mittagessen hinlegten. Bei der "Alten" wurden alle Tagesereignisse besprochen, von der Heimat erzählt, kurz, man konnte sich nichts Gemütlicheres denken. Nach dem Essen zogen die Kartenspieler und ihre Kibitze täglich in das "Kaffee Volkmann" in der Wassergasse. Zu Ostern 1886 zog die "Alte" von Prag fort. So schwand nach der Kreuzherrnschenke auch die einzigartige Speisebude.

Im Landtag begann es seit dieser Zeit ruhiger zu werden. Die Zahl seiner Mitglieder sank immer mehr und im S. S. 1891 zählte er im ganzen drei Aktive. Schuld daran trug der Umstand, daß er sich fast nur aus Egerer Gymnasiasten ergänzte und daß ein

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Teil derselben entweder in die "Teutonia" einsprang oder nach Wien ging.

Von Landtagssitzungen konnte in jener Zeit nicht gesprochen werden. Die drei Aktiven mußten trachten, daß der Landtag nach außen hin noch als solcher bestand. Ihre ganze Tätigkeit bestand darin, bei Kommersen, Kneipen und ähnlichen Veranstaltungen der studentischen Körperschaften anwesend zu sein und Reden zu halten.

Einen Wendepunkt zum Besseren bedeutete das Ende August 1891 in Eger stattgefundene 10. (19.) Gründungsfest, welches einen selten schönen Verlauf nahm und mit der jedem Teilnehmer unvergeßlichen Abschiedsfeier für den nach St. Louis, Nordamerika, ziehenden A. H. Dr. Lorenz Thumser endete.

Im Wintersemester 1891/2 nahm die Mitgliederzahl wieder zu, weil auch mehr Realschüler aufgenommen wurden und zwar Marienbader, die in Pilsen studiert hatten. Noch mehr Mitglieder lieferte in der Folgezeit die Elbogner Realschule. Auch vom Egerer Gymnasium kam im Jahre 1892 eine größere Zahl in den Landtag.

Schweren Herezens verließen die Landtägler nach Ostern 1892 die ihnen lieb gewordene Bude in "Stadt Moskau", da ein neuer Wirt dort eingezogen war und sofort die Bilder entfernen ließ. Jetzt begann ein Wanderleben. Zuerst wurde eine geräumige Bude in der Kettengasse gegenüber dem "Wenzels-Vorschußverein" gefunden. Hierher kam A. H. Nikolaus Komma, Professor im Grabengymnasium, sehr gerne und erfreute die Jungen oft durch seine schönen Lieder. Von der Kettengasse erfolgte die Übersiedlung in die durch den Schriftsteller Strobl verewigte "Vaclav-Bude" in der Geistgasse, wo außer dem Landtage auch die Burschenschaften "Albia" und "Thessalia" ihr Heim hatten.

Egerländer, Alben und Thessalen beteiligten sich sonntags in brüderlicher Eintracht an den im Saale dieses Gasthauses stattfindenden Unterhaltungen des mehr oder weniger utraquistischen Geselligkeitsvereins "Olymp", in welchem der bekannte "Abraham" ein wichtiges Ausschußmandat inne hatte. An Wochentagen wurden hieer Partien geschlagen.

Schöne feuchtfröhliche Stunden erlebten die Landtägler in den Buden im "Goldenen Faßl", auf der "Wahlstatt" und im ebenerdigen Gartenhause der "Mensa" in der Krakauergasse. Anfangs der neunziger Jahre lebte auc hder "Kartensau-Klub" wieder auf mit seinen nach den Karten benannten Mitgliedern, deren eifrigstes unser verstorbener Bundesbruder Fuhrmann war. Zur selben Ziet zeigte auch der "Walfisch" wieder sehr viel Leben; daneben trieb die "Scharfe Eck" viel Ulk und entwickelte großen Durst. Ihr Gründer, Ott Michel, wurde in Prag berühmt durch seine Säbelpartie, bei welcher

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der kleine David (Ott) den Riesen Goliath (Herbrich, Carolinae) in geradezu katastrophaler Weise abführte.

Im Jahre 1893 trat der einzige Fall ein, daß deutsche und tschechische Hochschüler Schulter an Schulter gegen den Reichskriegsminister Krieghammer auftraten, welcher in seinem Erlasse die Teilnahme der Reserveoffiziere an studentischen Vereinen verbieten wollte.

Im Vollzugsausschusse der Prager Hochschüler, der deutschen und der tschechischen, arbeitete damals der Vertreter des Egerländer Landtags Victor Czech gemeinsam mit Alvis Raschin, dem gewesenen Finanzminister.

Die einmütige Erhebung aller Hochschulen gegen den geplanten Eingriff in ihre verfassungsmäßig gewährleisteten Rechte kam in einem Streik der Hochschulen zum Ausdruck und hatte vollen Erfolg. Krieghammer mußte seinen Erlaß zurückziehen.

Der Landtag erfuhr anfangs der 90er Jahre eine neuerliche Festigung durch Einführung eienr strengen Prüfung vor Aufnahme eines neuen Mitgliedes. Am 2. Feber 1892 wurde eine Prüfungsordnung geschaffen, welcher sich jedes Mitglied nach einer 14tägigen Probezeit unterziehen mußte. Die Regelung der Aufnahme wurde auch in die Satzungen aufgenommen, welche am 15. März 1892 beschlossen wurden. Der wesentliche Punkt der Änderung lautet: "Der Verein fordert von allen Mitgliedern neben der selbstverständlichen Anhänglichkeit an das Egerland das Bekenntnis rein deutscher Gesinnung".

Am 16. Juni 1894 wird über die Aufnahme der Mitglieder folgendes bestimmt: "Bewerber aus dem engeren Egerland können mit 2/3, solche aus dem weiteren Egerland mit 3/4 Stimmenmehrheit aufgenommen werden; für diejenigen, welche mindestens 4 Semester in Eger studiert haben, ist Stimmeneinheit notwendig".

Der gefestigten Stellung, welche sich der Landtag inner- und außerhalb der Prager Studentenschaft erworben hatte, fehlte nur das Äußere seiner Gleichstellung mit den übrigen Prager Studentenkorporationen, Kappe und Band. Er glaubte, auf dies Äußerlichkeiten studentischen Gepräges nicht verzichten zu können, wenn auch der Zug des Egerländer Wesens nicht auf Äußerlichkeiten, sondern auf Verinnerlichung bei der rührigen Aufklärungsarbeit unter den Volksgenossen gerichtet war. Es war auch nicht Eitelkeit, wenn mancher Egerländer, der in den ersten Reihen stand, sich ein Dreifarb - die Urform studentischer Vereinigung - wünschte; denn in Prag waren die studentischen Farben mehr geworden als ein äußerlicher Schmuck. Sie waren das sichtbare Bekenntnis zum Deutschtum geworden und da wollte und durfte der Egerländer Student nicht fehlen. Der "Egerländer Landtag" hatte am 24. Mai 96 vom

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Egerer Stadtrat die Zustimmung erhalten, in seinem Wappen den "Egerer Adler" führen zu dürfen. Am 7. Juni 1897 wurde auf einem gemeinsamen Chargenkonvent mit dem "U. G. V. Liedertafel" und dem "Leipaer Landtag" die Farbenanahme beschlossen. Der "Egerländer Landtag" wählte sich die Farben der Stadt Eger: schwarz-silber-purpurrot. Diese Farben wurden von der Statthalterei nicht bewilligt und so wurden laut Sitzungsbeschluß vom 18. Oktober 1897 um die Farben dunkelgrün-silber-rot eingereicht, welche am 9. November bewilligt wurden. Um das Farbentragen mußte jedoch eigens angesucht werden.

In den nächsten Wochen schon sollten die denkwürdigen Ereignisse beginnen, in denen die Prager Studentenschaft die wütenden Angriffe des verhetzten Prager Pöbels erleben mußte, in denen überall deutsche Studenten ihrer Farben wegen die Zielscheibe des tschechischen Hasses wurden. Die Prager Studentenschaft wollte gerade zum Zeichen des Protestes gegen das deutschfeindliche Regime einen Demonstrationsbummel veranstalten, als von Wien die Kunde kam, daß es den deutschen Volksvertretern gelungen sei, die mißgünstige Regierung Badeni zu stürzen. Da zog fast die ganze deutsche Studentenschaft in die Aula, wo es zu unvergeßlichen völkischen Kundgebungen kam. Dieser denkwürdige 29. November 1897 wurde so zu einem Ehrentage in der Geschichte der Prager Studentenschaft. Aber in den Gassen herrschte rohe Gewalt gegen alles Deutsche in Prag und die "bursaci" waren den rohesten Verfolgungen ausgesetzt.

In der Nacht zum 30. November auf 1. Dezember 1897 kam es in Prag zu Ausschreitungen gegen alles, was deutsch hieß. Die Tschechen richteten ihr Hauptaugenmerk auf Studentenwohnungen und Vereinslokale. Der "Egerländer Landtag", der in Erfahrung gebracht hatte, daß man die "Wahlstatt", wo er seine Bude hatte, stürmen wollte, war entschlossen, seine Ehre und Eigentum bis aufs Äußerste zu verteidigen. In den Abendstunden hatten die Bb. für eine regelrechte Verteidigung vorgesehen. Mit Säbel, Schläger, Eisenstangen und Stöcken versehen, mit Pauckhauben gegen Steinwürfe geschützt, erwarteten so deutsche Studenten ihre Widersacher. Gegen abends 9 Uhr zog eine Meute von 800 Mann, nachdem dieselbe die benachbarte Bude der Burschenschaft "Carolina" vernichtet hatte, gegen die Landtagbude heran. Als ihr aber durch Fenster und Türen mit bewaffneter Faust der Einlaß gewehrt wird, zog sie mit einem Kannibalengeschrei in die Krankenhausgasse davon. Als sie sich später durch ihre Späher vom Abzug der Egerländer überzeugt hatten, kamen sie gegen 3 Uhr früh wieder, in der Voraussetzung, daß nun der Plünderung nichts mehr im Wege stehe, aber der O. L. M.

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Hermann Schmidt und der U. H. Düringer hielten Wacht und als die ersten Steine in die Scheiben prasselten, jagte ersterer die Angreifer mit einigen Revolverschüssen auseinander.

In der Morgenfrühe des nächsten Tages wurde die Bude von allen Landtagssachen geräumt und dieselben von Dientsmännern unter Bedeckung einer Abteilung des Jäger-Bataillons Nr. 22 ins Carolinum geschafft und dort geborgen. So war das kostbare Archiv des Landtags gerettet.

Am 26. Dezember 1897, am zweiten Weihnachtsfeiertage, wurden in der Heimatstadt Eger zum ersten Male die roten Mützen und das dreifarbige Band getragen.

Am 29. Dezember 1897 fand in Eger ein Hochschultag statt, der sich mit den Prager Verhältnissen befaßte. Zum ersten Male seit 1892 war die Prager Studentenschaft wieder einig.

Bb. MUC. Doberauer, der in den Sturmtagen so bewährte Germania-Obmann, vertrat die völkische, der Halle-Obmann die liberale Studentenschaft. Man trat der Behauptung entgegen, die Prager Studenten seien Schuld an den Vorgängen, verlangte Schutz der Behörden gegen Übergriffe der Tschechen und forderte zu einem zahlreichen Besuch der Prager Hochschulen auf.

Ein Landtägler, cand. ing. Hermann Schmidt, war es, der zum ersten Male den Ruf in die Versammlung warf "Los von Prag"!

Als nach den Weihnachtsferien die Tätlichkeiten gegen die Studenten begannen, wurde den Tschechen zu Liebe von den Behörden ein Farbenverbot erlassen. Die Verletzung uralter Studentenrechte führte zum zweiten allgemeinen Studententag, welcher diesmal am 29. Jänner nach Leitmeritz einberufen wurde. Man beschloß den allgemeinen Hochschulstreik, wenn das Farbenverbot bis Ende Jänner nicht aufgehoben werde, und verlangte nun allgemein die Verlegung der deutschen Hochschulen in eine deutsche Stadt. Da die Regierung dem Wunsche nach Aufhebung der Farbenverbotes nicht nachkam, hörten in Wien, Graz, Brünn, Innsbruck die Vorlesungen auf. Diesem einmütigem Vorgehen von Professoren und Studentenschaft folgte endlich am 3. März 1898 die Aufhebung des Verbotes.

Wohl waren sofort wieder Angriffe gegen die bummelnden Studenten auf der Tagesordnung, aber die in diesen heißen Tagen bekämpften Farben wurden ihnen doppelt lieb und teuer.

Bald sollten sie umflort werden, als Alldeutschland Trauer anlegte, um den Heimgang seines größten Sohnes, des "Alten vom Sachsenwald", des Fürsten Bismarck. Der Landtag beschloß Kulörtrauer bis zum Sedantage und vollzählige beteiligung am Trauerkommerse der Germania am 8. November 1898.

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Eine Folge der Sturm- und Drangjahre jener Zeit war, daß der "Egerländer Landtag" seit 1898 eine rege Fühlung mit den reichsdeutschen Studenten insofern hatte, als einzelne Mitglieder der verschiedenen Vereine deutscher Studenten im Reiche die Prager Hochschulen semesterweise besuchten und regelmäßig am Landtage als Verkehrsgäste sich einfanden, wodurch die deutschen Studenten die damaligen Prager Verhältnisse aus eigener Anschauung genau kennen lernten.

Der "Egerländer Landtag" stand im Verlaufe seiner Entwicklung mit einzelnen Prager Korporationen und Vereinen im herzlichen Freundschaftsverhältnisse, mit einigen war er durch innige bande verknüpft. Zur Zeit seiner Gründung war es die konservative Verbindung (heute Burschenschaft) "Albia", mit der er in Freunschaft verkehrte. Waren doch jene Albianer, die aus dem Egerlande stammten, mit an der Wiege des Landtages gestanden. Als der Landtag straffere Formen annahm, war natürlich eine doppelte Mitgliedschaft nicht mehr angängig, aber die Freundschaft zu den Albianern blieb immer erhalten. Die nationalen Kämpfe führten anfangs der 80er Jahre den Landtag mit der Prager Burschenschaft "Teutonia" zusammen; das Verhältnis zwischen beiden wurde bald sehr herzlich. In allen völkischen Fragen gingen sie Hand in Hand; die Teutonen kamen sehr gerne auf die gemütlichen Sitzungen des Landtages, namentlich wenn heimatliche Feste gefeiert wurden, und die Egerländer wieder fehlten nie auf den Festkneipen der Teutonen.

Da Ende der 80er Jahre die Teutonen ihren Nachwuchs zum großen Teil aus dem Egerlande erhielten, die anderen Burschenschaften nicht sehr stark waren, so hatten die Egerländer in der Prager nationalen Studentenschaft immer ein ausschlaggebendes Wort.

Auch die Landsmannschaft "Herzynia" Prag, welche sich aus den dem Egerlande benachbarten Bezirken Komotau und Brüx gebildet hatte, trat in den achtziger Jahren schon in freundschaftliche Beziehungen zum Landtag. Ihrem Antrag auf Abschluß eines Kartells konnte damals infolge Verschiedenheit des Aufbaues und des Ziels nicht näher getreten werden. Aus dem gleichen Grunde mußte ein ähnliches Ansuchen der "Herzynia" in Wien vom 11. Dezember 1894 abgelehnt werden; sie blieb jedoch seit dieser Zeit in freundschaftlicher Fühlung mit dem Landtag.

Ein inniges Band umschlang den Landtag mit dem im Jahre 1885 gegründeten "Leipaer Landtag". Egerländer und Niederländer fühlten sich wie Brüder, die ohne einander nicht leben können. Nicht bloß bei den offiziellen Festen, so oft es nur möglich war, suchten die

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einen die andern auf den Buden auf; man machte gemeinsame Ausflüge oder versammelte sich Sonntag abends zu feuchtfröhlichem Tun. Als dritter im Bunde kam 1890 der "Gumberger Landtag", Verein deutscher Hochschüler aus dem Pilsner Kreise, mit dem sich ein nicht minder herzliches Verhältnis entwickelte.

Alle drei Landtage standen im nationalen Kampfe in den vordersten Reihen, besonders zu Zeit des Entscheidungskampfes in der Halle und bei der Gründung der Germania. Der "Gumberger Landtag" hat sich leider 1895 aufgelöst.

Hervorragenden Anteil hatte der Egerländer Landtag an den Arbeiten des neu gegründeten "Bundes der Deutschen in Böhmen".

Die Gründung der akademischen Ortsgruppen West (Obmann B. B. Czech), Nordwest, Ost, Süd vollzog sich mit Unterstützung der "Teutonia" nach landsmannschaftlichem Grundsatze.

Das erste Sommerfest, das von der akademische Ortsgruppe "West" mit den damals noch sehr schwachen Egerer Ortsgruppen abgehalten wurde, bedeutete eine finanzielle Stärkung für den Bund.

Rege gesellschaftliche Beziehungen unterhielt der Landtag zum "Prager deutschen Männerturnverein", einige seiner sangesfrohen Mitglieder besonders zur Sängerriege.

Als im Wintersemester 1896/97 der "Universitätsgesangverein Liedertafel der deutschen Studenten in Prag" auf Vereinsprinzip zu einer nationalen Korporation sich entwickelte, suchte er Anschluß an den "Egerländer Landtag" und den "Leipaer Landtag". Diese drei Vereine beschlossen auch im Sturmjahr 1897 gemeinsam die Farbenannahme. Der "Leipaer Landtag" hatte bei einer Farbenannahme seinen Namen geändert und als akademisch technische Verbindung "Freya" aufgetakelt. So lange der "Egerländer Landtag" keine Farben trug und in nationalen Dingen redlich und stramm seine Pflichten ihrer selbst willen erfüllte, war er von den Burschenschaften gern gesehen. Als er aber für sein Wirken auch den Anspruch auf Anerkennung erhob, da machten alle Front gegen ihn. Zwanzig ehrenvolle Partien berichten aus dem Paukbuch von schneidiger Waffenführung und wie der Landtag seine Ehre zu verteidigen wußte. Der Eintritt des "U. G. V. Liedertafel" mit 100 Mitgliedern in die "Germania" bedeutete eine wesentliche Verstärkung der wehrhaften Vereine und löste bei den konservativen Korporationen heftige Angriffe aus. Da war es der "Egerländer Landtag", welcher wiederholt vermittelnd eingriff, aber auch mit Taten dem "U. G. V." zur Seite stand. Und so entstand aus gemeinsamen Kämpfen ein erprobter Freunschaftsbund, der mit Blut und Eisen gekittet wurde.

Im Wintersemester 1900 hatte die "Freya" durch Einfluß ihres Kartells "Cheruscia" in Wien den Waidhofner Standpunkt, d. h. die Verweigerung der Waffenehre Nichtariern gegenüber

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angenommen. Der "Egerländer Landtag", der die Annahme dieses im Grunde hehren und volkbefreienden Prinzips dem völkischen Einheitsgedanken unterordnete, hätte diesen Schritt seitens der gesamten nationalen Studentenschaft nur begrüßt. Nichtsdestoweniger faßte er den Beschluß, den einmal gemachten Schritt des Brudervereins nach Tunlichkeit zu unterstützen und ihm gegen Anfeindungen ein Halt zu sein. Da aber die folgenden Auftritte zwischen liberalen Hochschülern und Freyanern in Holzkomment ausarteten, wurde die "Freya" polizeilich aufgelöst. Der "Egerländer Landtag", der wiederholt vermittelte und für sie eintrat, hat ein Verdienst daran, daß sie als "Saxonia" fortbestehen konnte.

Seit 22. Jänner 1885 bestand die Einrichtung der Ernennung zum "Alten Herrn" des "Egerländer Landtags". Auf grund eines Beschlusses der geschäftlichen Sitzung konnten jene Mitglieder, welche mindestens 4 Semester beim Landtage aktiv waren, diese Würde erhalten. Obwohl jeder einzelne "Alte Herr" auf diese Weise mit der Aktivitas in Fühlung blieb, machte sich doch im Laufe der Entwicklung das Bedürfnis geltend, die Alten Herren zu einem eigenen Verband zusammenzufassen, um der Aktivitas einen entsprechenden Rückhalt zu schaffen und die mat erielle Wohlfahrt des Landtages zu sichern. Am 5. Juni 1898 wurde die Anregung zur Gründung eines Alt-Herren-Verbandes gegeben, an dessen Zustandekommen im September des Jahres 1903 dem rührigen Alten Herren Dr. Bernardin für die Vorarbeiten und dem vielbewährten ersten Obmann Dr. Doberauer besonders zu danken ist. Heute, wo der Alte-Herren-Verband fast 200 alte Landtägler umfaßt, bedarf es wohl weiter keines Beweises, wie voll und ganz sich diese Einrichtung bewährte.

Zum Zwecke eines innigen Zusammenlebens der alten und jungen Bb. wurden in der Heimat Verbandsbezirke geschaffen: in Eger, Karlsbad und Falkenau, und um auch die in Deutsch-Österreich lebenden Bb. untereinander und mit der Landsmannschaft in Fühlung zu halten, entstand ein V. B. in Wien.

Mit der Schaffung eines Alte-Herren-Verbandes hatte der "Egerländer Landtag" den Ausbau seiner inneren Organisation vollendet und konnte sich nunmehr in jeder Beziehung ebenbürtig neben die übrigen farbentragenden studentischen Körperschaften Prags stellen. Innere und äußere Stürme blieben in der Zukunft auch ihm nicht erspart. Auf solchen festen Grundlagen ruhend, bot er ihnen aber unerschütterlich die Stirne, auf der einmal für richtig befundenen Bahn rüstig vorwärtsschreitend.

Gegenstand von Pöbelangriffen war die Prager Studentenschaft und mit ihr der "Landtag" in den Wintertagen des Jahres 1904. Den damals Beteiligten blieb wohl vor allem der denk-

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würdige 12. März 1904 in steter Erinnerung, da der mutige Schöpfer des Spruches "Farbe tragen heißt Farbe bekennen", Rektor Prof. Dr. Rabl, die deutsche Studentenschaft auf den Graben führte. Die Stadt Eger dankte in den folgenden Ostertagen ihren mutigen Söhnen durch einen Festkommers, auf dem der damalige O. L. M. des "Egerländer Landtages" die Rede auf die Stadt Eger hielt.

Die deutschen Studenten sollten vier Jahre später wieder Gelegenheit finden, den Spruch ihres allverehrten Rektors zu beweisen, als die altehrwürdige Karl Ferdinands-Universität - die älteste deutsche Universität überhaupt - daran gehen wollte, den Grundstein zu einem neuen Bau zu legen. Nicht nur der glänzende Ruf, den diese hohe Bildungsstätte durch ihre hervorragenden Gelehrten in deutschen Landen genoß, auch die Sympathien, welche sich die Prager Studenten durch ihre Haltung auf diesem bedrängtem Boden erworben hatten, bewirkten eine erfreuliche Teilnahme an dem geplanten Feste.

Aus allen deutschen Hochschulstädten waren Vertreter erschienen und besonders aus dem deutschen Reiche waren Professoren und Hunderte von Chargierten eingetroffen. Der Festakt der Grundsteinlegung war für den 2. Dezember 1908, am 60. Regierungsjubiläumstage des Kaisers von Österreich angesetzt. Aber es sollte anders kommen! Schon waren alle Vorbereitungen zum festlichen Aufmarsch getroffen, als der vorbereitete Pöbel Prags gegen das Klementinum, wo der Ausgangspunkt des Festzuges sein sollte, aufmarschierte und mit Gewaltandrohungen gegen die ganze Feier demonstrierte. Die Polizei konnte die Ausschreitungen nicht hindern, die überall in den Gassen losbrachen, bis Militär und Standrecht diese eigenartige Jubiläumsfeier beschlossen. Die Grundsteinlegung war verhindert - wohl für alle Zeiten! Für den weitblickenden Politiker waren dies Anzeichen anderer Dinge, die gewaltige Stürme auslösen mußten.

Unsere Landsmannschaft erwuchs aus dieser bewegten Zeit auch eine erfreuliche Erinnerung. Sie kam in direkte Beziehung zum reichsdeutschen Korporationsleben und das in diesen stürmischen Tagen entstandene Freundschaftsverhältnis mit dem D. A. C. "Baltia" hatte folgende Entstehungsgeschichte. Am Vorabend des Festes der Grundsteinlegung wurde von der "Germania" den reichsdeutschen Gästen im Spiegelsaale des deutschen Hauses ein Begrüßungsabend veranstaltet. Der "Egerländer Landtag", der keine Reichsdeutschen erwartete, entsandte nur seinen Syndikus Trexler als Vertreter der Regierung zur Berichterstattung. Da unter den reichsdeutschen Korporationen besonders die Breslauer viele Vertreter entsandt hatten, sollten diese Prager Korporationen als Gäste zugeteilt werden. So wurde auch der Vertreter des Landtages aufgefordert, eine Korporation zu übernehmen. Seine Wahl fiel auf die vier Balten, von denen er in

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Erfahrung brachte, daß sie ihren Fahnenfond opferten, um ihren bedrängten Brüdern in Prag ihre völkische Anteilnahme zum Ausdruck zu bringen. Syndikus Trexler führte die Balten auf der Landtagsbude ein und brachte in der Folge nach gründlichem gegenseitigen Gedankenaustausch am 20. Feber 1909 den Abschluß eines Freundschaftsverhäftnisses zustande. Im Juni 1909 weilten zum erstenmal Egerländer bei der Fahnenweihe der Balten in Breslau und auf dem Stiftungsfeste in Nimptsch. Ein Jahr darauf schloß sich die freie Burschenschaft "Normania" in Marburg an.

Von der inneren Entwicklung des "Egerländer Landtages" seien noch zwei wichtige Ereignisse hervorgehoben.

Am 24. November 1910 wurde der Titel "Landsmannschaft" angenommen. Das landsmannschaftliche Prinzip als Grundpfeiler des "Egerländer Landtages", mit dem dieser steht und fällt, kommt dank dieser Titeländerung nun auch nach außen sinnfällig zum Ausdruck. Um aber den "Landtag" seine studentischen Prinzipien zu sichern, wurde gleichzeitig das Festhalten am vereinsstudentischen Gedanken für immerwährende Zeiten beschlossen.

Sonntag, den 1. September 1912 aber, beim 40jährigen Stiftungsfest in Eger, wurde im Burghofe der altehrwürdigen Kaiserburg das grün-silber-rote Banner des "Egerländer Landtages" feierlich enthüllt.Jedem Teilnehmer dieser eindrucksvollen Feier bleiben wohl die Worte A. H. Dr. Stankas unvrgessen, mit denen er das neue Zeichen bundesbrüderlicher Zusammengehörigkeit begrüßte "als ein Sinnbild der Ideale des Landtages und seines zweckbewußten Strebens, als ein Wahrzeichen festen Zusammenhaltens und bundesbrüderlicher Eintracht und Freundschaft, als Mahnzeichen wahrhaft deutscher Gesinnung und deutscher Biederkeit, als Treuzeichen der unvergänglichen, glühenden Liebe zur Heimaterde, zu unserem herrliche, ewig deutsch bleibenden Egerlande!" Nachdem feierlich das Bundeslied an dieser alten, historischen Stätte verklungen war, überreichte die Fahnenpatin Frau Friedrich , die Gattin unseres A. H., des nunmehrigen Senators Oberfinanzrates Karl Friedrich, ein prachtvoll gesticktes Band, dem noch weitere Bänder und sonstige Spenden der Fest-Jungfrauen, Bundesschwestern und anwesenden Vereine und Korporationen folgten.

Leider war der erste Dienst, den das Banner leisten mußte, ein trauriger. Es schritt den Bundesbrüdern voran, die den Zug beim Begräbnisse des während des Stiftungsfestes jäh verschiedenen Bürgermeisters der Stadt Eger, Josef Krader, eröffneten. Das Banner erhielt auf diese Weise eine traurige Weihe, aber vielleicht umso eindrucksvoller, als es bei einer Totenfeier und über dem Grabe eines Mannes gesenkt wurde, der ein Sinnbild Egerländer Treue gewesen.

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Im übrigen nahm die Landsmannschaft nach wie vor an allen bedeutungsvollen studentischen und völkischen Ereignissen lebhaften, oft ausschlaggebenden Anteil. Die Hauptversammlungen des "Bundes der Deutschen in Böhmen", die alljährlich stattfanden, wurden stets, darunter die in Reichenberg im Sommer 1904 körperschaftlich besucht, desgleichen alle wichtigen Veranstaltungen der Prager Studentenschaft, besonders die Sonnwendfeiern, in allen Vereinen prags und der Heimat saßen rührige Vertreter. Wichtig war auch die Arbeit für unseren damaligen Schutzort Malesitz bei Pilsen. Wenn diese Arbeit sich schließlich leider als erfolglos erwies, so war das nicht die Schuld der "Landtägler", deren rastlosem Bemühen - vor allem seien Frl. Marie Plachek und L. F. Abg. Josef Mayer dankend erwähnt - es einmal in dieser Zeit sogar gelang, diesem Ort eine rein deutsche Gemeindevertretung zu verschaffen. Auch im gesellschaftlichen Leben Prags und der Heimat errang und behauptete der "Landtag" seinen Platz. Hier seien die zahlreichen Damenabende, die Goaskirwa, Faschingskneipen, Julfeiern, A. H.-Abende und Ferialfeste hervorgehoben, die allen Teilnehmern in angenehmster Erinnerung bleiben.

So im innern gesfestigt, nach außen von den Freunden geachtet, von den Feinden gefürchtet, stand der Landtag da, als die Fanfaren des Weltkrieges erklangen.

In einem eigenen Aufsatze wird die Mitarbeit der Bundesbrüder an diesem größten Ringen der Weltgeschichte, und vor allem jener Besten ehrend gedacht werden, die draußen auf der Walstatt blieben.

Hier soll nun erwähnt werden, daß auch das Leben des Landtags selbst während dieser Zeit nicht völlig erlosch und daß sich die wenigen Bundesbrüder, die der Kriegsgott nicht in seinen Dienst zwang, enge aneinanderschlossen und dadurch auch denen eine Heimstätte schufen, die zeitweilig in Prag und der Heimat rasteten, ehe sie ihren harten Kriegsdienst fortsetzen mußten.

Am 16. Juli 1916 fand am "Sprung" in Eger ein "A. H. Abend", am 26. Dezember 1916 an derselben trauten Stätte ein Julabend statt. Vorher und zwar am 4. Dezember 1916 war auch das Prager Budenleben durch einen "Gemütlichen Abend" wieder eröffnet worden. Das Sommersemester 1917 brachte sogar den Zuwachs mehrerer Kriegsfüchse. Auch die Schaffung der "Mitteilungen" fällt in die Kriegszeit und zwar wurden die ersten "Mitteilungen" als solche des "Egerländer Landtages" allein am 1. August 1917 herausgegeben.

Das Weltenringen, das trotz der großen Leistungen und noch größeren Opfer von Alldeutschlands Jugend, trotz des Sieges unserer Waffen, mit Deutschlands und Österreichs Zusammenbruch endete,

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konnte natürlich auch nicht ohne Einfluß auf die weitere Entwicklung des Prager Studentenlebens und des "Egerländer Landtages" insbesondere bleiben. Es ist hier nicht der Platz, um zu schildern, wie das deutsche Volk überhaupt, das deutsche Volk Böhmens und des Egerlandes insbesondere, noch heute unter den Wunden leidet, die ihm dieser größte Kreig aller Zeiten und vor allem dessen trauriger Ausgang geschlagen.

Das erste "Friedens"-Halbjahr wurde mit der Julkneipe am 27. Dezember 1918 in Eger eröffnet. An demselben Tage wurde auch beschlossen, von nun ab die "Mitteilungen" als gemeinsame "Mitteilungen" des "Egerlände Landtages" und seiner Freunschaftsverbindungen D. A. C. jetzt ("D.A.V.") "Baltia", Breslau, und freie Burschenschaft "Normannia" Marburg herauszugeben, woran sich in allerletzter Zeit auch die Landsmannschaft der Pommern "Sedinia" in Berlin anschloß. Der Geist, der aus diesen für unser Landtagsleben so wichtigen Mitteilungen weht, ist der Geist, der aus dem Weltringen geboren, unsere Jugend übrhaupt beseelt: zu sorglosem Sang und Becherklang ist nicht viel Zeit. Harte Arbeit tut ot, soll es wieder besser werden, soll für unser Volk die Stunde der Erneuerung und des Aufstieges schlagen aus tiefster Schmach und Not. Es gibt keine bedeutsame Arbeit in Prag und der heimat, an der unsere Jungen nicht werktätig teilhaben würden. Und die gemeinsame Arbeit hat auch einander näher gebracht, was sich bisher aus nichtigen Vorwänden mied. Wer den Festkommers am 9. Februar 1922 in Prag miterlebte, als die Rektoren der Hochschulen durch ein Spalier schritten, das von den Chargierten aller farbentragenden deutschvölkischen Prager studentischen Korporationen gebildet war, der hat es mit stolzer Freude erfahren, daß der Landtag in stolzem Vergessen aller kleinlichen Gehässigkeiten früherer Zeiten als erster den Weg zu den anderen gefunden, mit denen ihn gemeinsames Leid verbindet und gemeinsame Arbeit für unser heißgeliebtes deutsches Volk einen soll jetzt und für alle Zukunft. Der Festkommers hat allen Teilnehmern auch gezeigt, daß aus dem jungen Reis, das vor einem halben Jahrhundert aud dem lebenskräftigen, immergrünen Boden der Heimatliebe gepflanzt wurde, eine mächtige Eiche geworden ist, die im deutschen Eichenwalde noch viele Stürme trotzen kann.

Unter ihrer rauschenden Krone reichen sich Egerlands Musensöhne die Hände zum Treuschwur: Allzeit Vorkämpfer für die teure Heimat und das deutsche Volk und Verteidiger der studentichen Ideale und Rechte zu sein!

Wo ich dich sehe, güßet mich dein Lieben,

Mein Heimatland so innig mir vertraut,

Unsere herzne sind Dir all' verschrieben,

Deinem Lobe gilt der letzte Laut.

Oh schütze Gott uns diesen heil'gen Boden.

Die Fluren grün am selbern' Egerstrand

Der traten Giebelhäuser rote Dächer,

Gott schirme dich, mein teures Egerland!

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